Neues Aktienrecht 2023 - Alle Änderungen im Überblick
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Bereits das vorherige Aktienrecht stellt hohe Ansprüche an die Verwaltungsräte eines KMU's. Durch die Aktienrechtsrevision 2023 und des ab dem 1. Januar 2023 geltenden Aktienrecht steigen diese nochmals wesentlich. Fast zwei Jahrzehnte hat die Aktienrechtsrevision gedauert. Daraus sind einige bedeutende Präzisierungen und Neuerungen entstanden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die aktuellen Statuten genau zu prüfen und allenfalls im Zuge der erforderlichen Anpassungen eine Generalüberholung vorzunehmen.
Die Verantwortung des Verwaltungsrates in Bezug auf die Liquidität und die Überschuldung der Gesellschaft wurde verschärft.
Sobald bei der Überwachung der Liquidität eine begründete Besorgnis der Zahlungsunfähigkeit besteht, hat er Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit zu ergreifen. Damit wird festgelegt, dass bereits das Erkennen der Gefahr der Zahlungsunfähigkeit den Verwaltungsrat zum Handeln verpflichtet.
Neu gilt ausserdem für Gesellschaften ohne Revisionsstelle (sogenanntes Opting-out), dass bereits bei einem hälftigen Kapitalverlust nach Art. 725a Abs. 2 OR die letzte Jahresrechnung vor der Genehmigung durch die Generalversammlung durch einen zugelassenen Revisor revidiert werden muss. Dabei ist der Verwaltungsrat für die Ernennung des Revisors verantwortlich.
Ebenfalls angepasst bzw. verschärft wurde der Passus der Verhinderung der Benachrichtigung des Richters durch einen Rangrücktritt. Dabei handelt es sich um einen Vertrag bei dem ein Gläubiger – meist der Hauptaktionär – mit seiner Forderung gegenüber der Gesellschaft im Rang zurücktritt. Damit werden alle anderen Gläubiger vorher bezahlt, bis die Unternehmens- oder Liquiditätskrise überstanden ist. Die Rangrücktrittserklärung ist nur dann zulässig, wenn der Rangrücktritt nebst dem Darlehen neu auch die Zinsforderungen während der Dauer der Überschuldung umfasst und diese ebenfalls gestundet werden.
Erstmals wird im neuen Aktienrecht eine Frist für die Behebung einer Überschuldung gesetzt. Nachdem der geprüfte Zwischenabschluss vorliegt, muss spätestens nach 90 Tagen eine begründete Aussicht der Behebung der Überschuldung vorliegen.
Neu können Aktionäre von KMUs, welche über mindestens 10% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte verfügen, nicht nur an der Generalversammlung, sondern jederzeit beim Verwaltungsrat schriftlich Auskunft verlangen. Bisher war im Gesetz das Auskunftsrecht auf den Rahmen der Generalversammlung beschränkt.
Für Aktionäre von nicht kotierten KMUs wurde das Traktandierungs- sowie Antragsrecht von 10% auf 5% Anteil am Aktienkapital herabgesetzt.
Den Aktionären mit mindestens 5% des Aktienkapitals oder Stimmrecht steht zudem das Recht zu, Einsicht in die Geschäftsbücher und Korrespondenzen zu nehmen, soweit es für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist. Wie bisher sind dabei die schutzwürdigen Interessen der Gesellschaft ausgenommen (zum Beispiel im Falle eines Konkurrenzverhältnisses). Eine Verweigerung der Auskunft muss jedoch neu vom Verwaltungsrat schriftlich begründet werden.
Zu den Neuerungen des Aktienrechts gehört die Möglichkeit, dass der Verwaltungsrat die Generalversammlung virtuell abhalten kann, beispielsweise mittels einer Videokonferenz. Auch ist es denkbar, dass die Generalversammlung im Ausland oder an verschiedenen Orten abgehalten wird. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die Ausübung der Aktionärsrechte (z.B. die Stimmabgabe oder das Fragestellen) gewahrt und nicht in unsachlicher Weise erschwert werden. Zusätzlich muss der Verwaltungsrat bei Verwendung von elektronischen Mitteln sicherstellen, dass
Für mehr Klarheit über die genaue Ausführung der virtuellen Generalversammlung wird die Praxis nach dem Inkrafttreten des revidierten Aktienrechtes massgebend sein. Für die Abhaltung von virtuellen Generalversammlungen oder Generalversammlungen im Ausland ist eine Anpassung der Statuten notwendig. Solche Anpassungen können bereits im Jahr 2022 mit Terminierung der Änderung per 1. Januar 2023 vorgenommen werden.
Nebst der Generalversammlung können neu auch Universalversammlungen elektronisch oder in Schriftform durchgeführt werden.
Bis anhin gab es vier Möglichkeiten der Kapitalveränderungen: Die Ordentliche, die bedingte und die genehmigte Kapitalerhöhung sowie die ordentliche Kapitalherabsetzung. Mit dem neuen Aktienrecht wird die genehmigte Kapitalerhöhung abgeschafft. Als Ersatz wurde neu das Kapitalband geschaffen (Art. 653s ff OR). Dabei wird der Verwaltungsrat durch Statuten ermächtigt, das Aktienkapital innerhalb einer vorbestimmten Bandbreite zu verändern. Für die Einführung eines Kapitalbandes ist ein GV-Beschluss sowie die statutarische Ermächtigung nötig.
Wenn Sie zu dieser Möglichkeit der Kapitalveränderung zusätzliche Informationen wünschen, stellen wir Ihnen diese gerne unter ‘Service’ im entsprechenden Flyer oder wenn erwünscht selbstverständlich auch im persönlichen Gespräch zu Verfügung.
Die Neuerungen im Aktienrecht haben grösstenteils verbindlichen Charakter und sind entsprechend relevant für die künftige Führung der Gesellschaft. Wir empfehlen Ihnen, noch vor Jahresende sorgfältig zu überprüfen, welche Änderungen in Ihrer spezifischen Situation zutreffen und Handlungsbedarf hervorrufen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil Statutenänderungen erforderlich sein können. Dieses Akzente soll Ihnen diesbezüglich erste Hinweise vermitteln. Im Beratungsgespräch stehen wir für weitergehende detaillierte Fragen jederzeit gerne zur Verfügung.
Haben Sie Fragen zum neuen Aktienrecht? Wir helfen Ihnen gerne weiter.